Spielzeug im 18. und 19. Jahrhundert – Teil 1

Seid Anbeginn des zivilisierten Denkens ist das Spielen ein Bedürfnis der Menschheit.

Im 18. Jahrhundert werden die Natur sowie das Kind entdeckt. In begüterteren Kreisen
galt es als angemessene Beschäftigung sich ohne Zweck und offensichtlichen Nutzen zu
beschäftigen. Auch Kinderreichtum und beengte Wohnverhältnisse wirkten sich auf das
Spielverhalten aus. All dies förderte die Vielfalt der Spiele und Spielzeuge.

Junge Bauklötze
Bild Wikipedia

Puppen

Die ersten Puppen dienten rituellen Zwecken und hatten oft eine magische und religiöse
Bedeutung. Bereits im 15 Jahrhundert wurden Puppen gewerblich hergestellt und die ersten
Dockenmacher (Spielzeug / Puppenhersteller) tauchten auf.

Bis ins 18 Jahrhundert wurden Puppen überwiegend aus Holz, Wachs oder Leder hergestellt.
Danach wurden Puppen aus Porzellan und Pappmache beliebt. Sie ermöglichten eine
realistischere Darstellung und Beweglichkeit. Neben der längeren Haltbarkeit des Porzellans
war auch eine einfachere und schnellere Herstellung möglich. Während die ersten Porzellanpuppen
noch mit relativ einfachen Porzellan hergestellt wurden, entdeckte Jean-Jacques Bachelier 1753
in der Manufaktur Vincennes Vincennes (Stadt im Grossraum Paris) das Biskuitporzellan für die
Puppenherstellung. Die Herstellung von Figuren wurde dadurch erleichtert. Durch das weichere
Material konnten die Körperteile der Puppen besser geformt und die Gesichtsformen besser
herausgearbeitet werden. Die ersten Porzellanpuppen waren meistens erwachsenen Frauen
nachempfunden. Bereits 1815 gab es im thüringischen Waltershausen eine frühe Puppenproduktion.

Käthe Kruse war eine der ersten Puppenherstellerinnen, die das Aussehen der Puppe bis Heute
beeinflusste. Sie sorgte 1908 mit dem realistischen kindgetreuen Aussehen ihrer Puppen für Aufsehen.

Puppen
Porzellanpuppen, Spielzeugmuseum Riehen/Basel

Zinnfiguren

Die älteste bekannte deutsche Zinnfigur stammt aus dem 13 Jahrhundert. Es wird angenommen das
Zinnfiguren zunächst als Pilgerzeichen verwendet wurden.

Ab etwa 1550 erhielt die Zinnfigur ein immer grösseres Ansehen im gesellschaftlichen Raum.

In der zweiten Hälfte des 18 Jahrhunderts setzte der Siegeszug des Zinnspielzeugs in die
Kinderzimmer ein. Kriegspielzeug entsprach damals dem Zeitgeist. Hochburgen der Zinnherstellung
waren Nürnberg und Fürth, aber auch in England, Frankreich und der Schweiz wurden Zinnfiguren
hergestellt. 1760 begann Andreas Hilpert mit seinem Sohn in Nürnberg Zinnsoldaten mit angegossenen
Fussplatten herzustellen.
Ende 1790 bis 1887 produzierte Johann Gottschalk im Aarau und begründete die Schweizer
Zinnfigurenproduktion. J.R.Wehrli Gottschalks Schüler produzierte später auch selber. Beide hatten
ihr Handwerk in Nürnberg erlernt.

Zinnfiguren
Schloss mit Empirefiguren E.Heinrichsen Nürnberg, Spielzeugmuseum Riehen/Basel

Blechspielzeug, Eisenbahnen und Technik im Kinderzimmer

Die ersten Blechspielzeuge entstanden Mitte des 18 Jahrhunderts als Alternative zu Gussfiguren.
Die Möglichkeit Metall zu drücken wurde 1816 in Paris entwickelt. Dank dieser Verformungstechnik
war eine Herstellung in grösseren Stückzahlen möglich. In Deutschland wurde das erste Blechspielzeug
vermutlich ab 1813 vom schwäbischen Hersteller Rock & Graner in Biberach produziert.
Uhrmacher konstruierten im 18 Jahrhundert zum Teil lebensgrosse bewegungsfähige Automaten.

Seid der ersten Fahrt der „Locomotion No.1“ der Stockton & Darlington Railway Company im Jahre 1825
bis Heute faszinieren Eisenbahnen die Menschheit.
Ein Replik der „Locomotion No.1“ fährt im Freilichtmuseum Beamish.
Eugen Märklin dessen Firma wohl als Synonym für Modelleisenbahnen steht erwarb im Jahre 1891 eine Fabrik
für technisches Blechspielzeug in Ellwangen.
Noch im selben Jahr entwickelte er die erste uhrwerksbetriebene Spielzeugeisenbahn. 1895 folgten
Spielzeugdampfmaschinen und 1897 elektrische Spielzeugeisenbahnen.

Eisenbahn
Eröffnung der Stockton and Darlington Railway, Gemälde von John Dobbin Bild Wikipedia

Alles Theater

Die Theaterleidenschaft ergriff die Bevölkerung im 19. Jahrhundert. Auch das Bedürfnis Stücke und Szenen
zu Hause aufzuführen.

Dieser Leidenschaft konnte mit Puppentheatern und dem Papiertheater nachgegangen werden.

Papiertheater sind kleine Miniaturtheater mit aufwändigen Kulissen. In Deutschland und England wurden
sie ungefähr zeitgleich ab 1810 produziert und verlegt. Meist zeigte es eine Szene eines berühmten
Stückes oder Oper. Es standen oft mehrere Bühnenbilder sowie alle für das Stück benötigte Figuren
zur Verfügung. Die Figuren waren auf schmale Holzleisten oder Drähte geklebt und konnten so durch
die Kulisse geschoben werden. Die Texte konnten aus Textbüchern vorgelesen werden.
Das Papiertheater hatte seine grosse Zeit zwischen 1820 und 1920.
Auch heute sind Papiertheater wieder erhältlich und im Museum in Hanau werden regelmässig
Papiertheaterstücke aufgeführt.

Neben den Marionettentheater, welche bei den Kindern eher als Zuschauer beliebt waren da das Spiel
mit den sich an Fäden befindenden Puppen etwas schwieriger war, erfreute sich das Handpuppentheater
grosser Beliebtheit.
Die bekannteste Handpuppenfigur ist wahrscheinlich das Kasperli, er taucht erstmals 1800 als Nachfolger
des Hanswurst auf. (Hanswurst erschien erstmals 1519 erstmals in einer mittelniederdeutschen Version
von Sebastian Brants Narrenschiff ) Ein grosser Verfasser vieler Kasperlestücke war der Münchner
Graf Franz von Pocci (1807-1876).

Während der Aufklärung sind die „Intellektuellen“ gegen die typischen Stoffe des damaligen Puppentheaters.
Sie verachten die Beschäftigung mit dem Übernatürlichen. Im 19. Jahrhundert erfährt das Puppenspiel eine
Neuerung. Es werden nun direkt Kinder angesprochen und Stücke für sie geschrieben.

Chasperli
Bild Wikipedia / Hermann von Pückler-Muskau, Briefe eines Verstorbenen




Wird fortgesetzt…




Quellen: Wikipedia, Zinnworld, Spielzeugmuseum Riehen