Im "Journal der Moden" gibt es einen wunderschönen Bericht über einen Rundgang durch die Eremitage
in Arlesheim. Ich habe mich auf den Weg gemacht
und den Rundgang für Euch in Bildern festgehalten, dabei habe ich versucht die Schönheit der Eremitage einzufangen. Der Text ist dem "Journal der Moden"
entnommen. Beim Lesen kann man sich gut vorstellen, wie anders und dennoch gleich die Eremitage ausgesehen haben muss. Viel Spass auf dem virtuellen Spaziergang.
September 1786
Der neue Englische Garten bei Arlesheim, unweit Basels
Eine Viertelstunde von Arlesheim, der jetzigen Residenz des Domkapitels von Basel, liegt das Schloss Birseck auf dem Gipfel eines Bergs, dessen
Felsenklippen die wunderbaren Höhlen und Grotten bilden die so schön und romantisch von Struktur, als sonderbar und mannigfaltig von Form sind.
Nicht minder schön sind die häufigen malerischen Aussichten, die man in diesem Gebirge hat. Sie sind so interessant, dass sie gewiss jeder feine
Beobachter der schönen Natur seiner ganzen Aufmerksamkeit wert finden wird.
Zwei Liebhaber, durch die schönen Entdeckungen bezaubert, erschlossen sich dies romantische Chaos zu enthüllen. Ihr Plan war bloss die Reize, womit
die Natur diese Einöde so reichlich begabt hatte, zu entwickeln, ohne dabei kostbare Gebäude und Monumente aufzuführen; und wichen sie ja durch
Beifügung einiger Dekorationen ein wenig von diesem Plane ab, so geschah es vielleicht aus Gefälligkeit für Freunde und Personen von verschiedenen
Alter und Stande, welche der jetzt herrschende Geschmack an Englischen Gärten dahin lockt.
Von dem Flecken Arlesheim führen zwei sanfte und angenehme Wege an die beiden Eingänge des Gartens. Der eine läuft durch Wiesen und Weinberge, und
der andere an einem Bache fort
bis zu einer Mühle, neben welcher der Haupteingang des Gartens ist.
Von da aus führen bequeme Gänge und Fusssteige, womit man sehr geschickt diese sonst ganz unzugänglichen Klippen verbunden hat, und die sich durch alle
Parteien des Gebirges winden, bis zum Fusse des Schlosses.
So wie man durch den Haupteingang hinein kommt, ist eine wilde Kaskade der erste Gegenstand der in die Augen fällt. Sie stürzt aus einem dichten Gebüsche
herab, in dem sie zu entspringen scheint; obgleich ihr Wasser von allen den anderen Fontänen und Wasserfällen beinahe eine halbe Stunde weit hier
zusammengeleitet ist.
Über diesem Wasser-Falle ist ein Caroussel, auf einem viereckigen freien Platze, der von Pappeln beschattet und mit einem wilden Springbrunnen geziert ist.
Dies macht das Vestibüle einer grossen und wegen ihrer sonderbaren Struktur sehr merkwürdigen Grotte, die so weit und hoch ist, dass eine Tafel von vierzig
Personen ganz bequem drinnen speisen und für allem Wetter gesichert sein kann. Die Lampen und Spiegel, Laternen, wodurch man sie des Abends oft beleuchtet,
tun da einen wunderschönen Effekt. Ausserhalb ist eine geräumige Tribüne in den Felsen gehauen und zum Orchester für die Musik bestimmt.
Ein Fleck hin von dieser Grotte
geht man über eine frei schwebende Brücke, die zwar unter jedem Tritte schaukelt, allein sehr sicher in Ketten hängt.
Weiterhin führt der Weg
Zu einer völlig isolierten, in Stein gehauenen Bank, die von dichten Bäumen überschattet und eine wahre Freistatt des ruhigen Denken ist.
Geht man da fort so erblickt man ein kleines lieblich angebautes Fleck, das Gärtchen der Einsiedelei welches mit der fühlbaren Unfruchtbarkeit der
Felsenklippen einen angenehmen Kontrast macht.
Ehe man da aber hinuntersteigt, wird man durch einen Wasserfall der von Felsen herabstürzt, aufmerksam gemacht, und erblickt neben ihm eine Höhle,
in der die Figur eines Einsiedlers an einer Begräbnisurne liegt.
Aus der Mitte des Gärtchens sieht man wie das Wasser von Klippe zu Klippe herab, und endlich zu des Einsiedlers Füssen in ein Becken fällt, aus
welchem es durch ein natürliches Loch im Felsen wieder ab, und in den abgebrochenen Schaft eines Baums läuft, der die Fontäne des Gärtchens ausmacht.
Die Einsiedelei selbst dem Gärtchen gegenüber, ist von aussen mit Baumrinden bekleidet, hat auf dem Dache ein ganz roh gearbeitetes Gerüst mit dem Kreuze
und einem Glöckchen, und liegt auf einer kleinen Fläche die rundum mit Felsenklippen umzäunt ist. Die vier Fenster bestehen aus künstlich zusammengesetzten
gotischen bunten Glasscheiben. Ein in den Felsen gehauener Schrank, enthält alle nötigen Bedürfnisse eines Anachoreten. Die Küche ist in einer Felsenkluft
geschickt angebracht.
Wenn man eine ziemlich steile Treppe hinaufgestiegen ist
Kommt man an ein Kabinett, dessen Äusseres ganz vollkommen wie ein Holzstoss aussieht:
So dass die Täuschung erst mit Eröffnung der ganz unmerkbaren Thür aufhört. Es liegt auf einer Felsspitze die senkrecht über den Gipfeln, der höchsten
Nussbäume, welche im Grunde darunter stehen, hängt; und man geniesst von da aus die lachende Ansicht über ein Thal mit Dörfern, Obstgärten, Getreidefeldern,
einem grossen Teiche, und allem was eine schöne Landschaft nur reizendes hat. Dies Tableau wird von sieben Bergen, die mit allen Arten inländischer Bäumen
besetzt sind, eingefasst.
Verschiedene krumme Wege führen nun zur Dianen Grotte, und von da geht es ein in den Felsen gehauener Gang zu einer Rotunde, die mit verschiedenen Arten
von Bäumen angepflanzt ist.
Von hier aus hat man die Aussicht über Arlesheim und das schöne Amphitheater seiner fruchtbaren Hügel bis in die Elsässer Plänen, welche endlich die
Lothringer Gebirge umfassen.
Geht man von da noch ein Weilchen fort
so kommt man an den Fuss des Schlosses. Hier macht eine dreifache mit vielen exotischen Pflanzen und Gesträuchen besetzte Terasse eine überaus angenehme
Promenade, weil sie zugleich eine sehr weite Aussicht hat.
Ebenso hat man von einem Tempel, der von aussen wie ein zerfallener Turm aussieht, eine reizende Aussicht auf der einen Seite in die Ebene wo rinnen die
Birs liesst, und auf der anderen in das vorgedachte Tal.
Geht man gegen Morgen von dem Berge herab,
so geben auf einmal zwei grosse Felsen-Massen, die von der Natur ganz horizontal durchbrochen sind und zwanzig Fuss weit voneinander abstehen, einen wirklich
höchst interessanten Anblick.
Darauf steigt man durch einen ganz in Stein gehauenen Gang weiter zu einer anderen Felsen-Partie von zwei Höhlen welche wegen ihrer Ähnlichkeit mit der
berühmten Höhle des Orakels zu Delphos, die Grotten des Apollo heissen. Durch einen Riss der oberen kann man vollkommen die untere übersehen, mit der sie
auch durch eine bequeme und geschickt angebrachte Treppe verbunden ist. Die einzigen Points des Büe, die tiefe Einöde gewährt, sind ein Abgrund, über den
eine hölzerne Brücke geht, die gegenüber an einem grossen mit Efeu umstrickten Baum gestemmt ist, ein Stück des Teiches, und die Spitzen der benachbarten Berge.
Ist man über die Brücke gegangen
so erblickt eine folgende Inschrift in einen Felsen gehauen, die Herrn Professor Oberlin zu Strassburg zum Verfasser hat
Steigt man weiter eine sanfte und von Bäumen beschattete Treppe hinab
so kommt man vor ein schwarzes Gitter das den Eingang einer Höhle verschliesst, die vielleicht die einige ihrer Art ist.
Ein grosses majestätisches Gewölbe mit Efeu belegt
führt durch ein Peristyle zum Tempel der Proserpine, den verschiedenen Ungeheuern bewohnen, und in dessen Mitte ein antiker Altar steht, der auf eigene Art
durch verschiedene Lampen erleuchtet wird, und der ganzen Scene ein höchst sonderbares magisches Ansehen gibt. Man erstaunt vor der wundernswürdigen Höhe
dieser dunklen Grotte, sowie über die hängenden grossen Steinmassen, die herabzustürzen und alles zu zerschmettern drohen.
Aus dem Tempel führt eine Felsentreppe in die Höhe auf eine viereckige Pfalz, von welchem man durch einige Felsenklippe hindurch die Bildsäule der Proserpine
auf einem glänzenden Throne erblickt. Diese Perspektive welche durch eine Menge Lampen, die in den Felsenklüften vertieft sind, erleuchtet wird, thut einen
vortrefflichen Effekt. Durch eine unterirdische Felsentreppe, die von eben diesen Lampen erleuchtet wird, gelangt man endlich zum Sitze der Göttin. Um der
Grotte reine und gesunde Luft zu schaffen, ist hier ein dreissig Fuss hohes Luftloch angebracht, welches oben auf der Terrasse des Schlosses zu Tage ausgeht.
In einiger Entfernung davon sind auf einem halben mond-förmigen Platze verschiedenen Spiele zum Zeitvertreib angelegt; die von hohen Bäumen Schatten empfangen.
Von da kommt man in sehr ebenen und bequemen Gängen, die sich am Rande eines Bachs den Wald hindurch bis zu zwei Dörfchen fortwinden, über eine kleine
englische Brücke an eine Kaskade, die wegen der Mannigfaltigkeit ihrer Fälle sehr interessant ist.
Von da führt eine Allee von Bäumen, deren dicht verschlungene Äste für Sonnenstrahl und Regen schützen, zu einer Gondel, in welcher man über den Teich setzt.
Beim Aussteigen am anderen Ufer zeigen sich zwei verschiedene Wege, beide aber führen den Wandrer zur Mühle und zum Haupteingange des Gartens zurück.
Des sind ohngefähr die Hauptgegenstände und interessantesten Plätze, welche man jetzt schon in der Zeit von ohngefähr zwei Stunden in diesen Englisch-
Chinesischen Garten durchwandern kann.
Bilder: Sabine
Quellen:
Universität und Landesbibliothek Düsseldorf - "Journal der Moden" 1786
Gartenwege der Schweiz / Langschaftsgärten des 19. Jahrhunderts in Basel und Umgebung